Persönliches

Wiedersehen mit meinem Bruder nach 6 Jahren – und warum es mein Herz gebrochen, aber meine Identität gestärkt hat

Heute Morgen bin ich mit verquollenen Augen aufgewacht.
Der Grund: Ich habe gestern Abend stundenlang geweint.

Und ja – ich erzähle dir das, obwohl es persönlich ist. Weil ich nicht mehr schweigen will. Und weil ich glaube, dass du dich vielleicht irgendwo in dieser Geschichte wiedererkennst.
Vielleicht holt sie dich da ab, wo du gerade stehst.
Vielleicht macht sie dir Mut. Oder lässt dich fühlen, dass du nicht allein bist.

Denn gestern habe ich nach über sechs oder sieben Jahren meinen Bruder wiedergesehen.
Er ist gerade auf Bali im Urlaub. Und ich habe über Instagram erfahren, dass er hier ist.

Wir haben eine sehr schwierige Familiengeschichte.
Ich hatte keine schöne Kindheit – im Gegenteil. Und auch zwischen mir und meinem Bruder ist vieles passiert. Unsere Beziehung ist kaputt. Nicht, weil wir das so wollten. Sondern weil vieles um uns herum uns gar keine andere Wahl gelassen hat.

Ich möchte dich mitnehmen zu einer ganz bestimmten Erinnerung.
Sie ist für mich bis heute eine der prägendsten meines Lebens.
Und sie hat unsere Beziehung für immer verändert.


Der Tag, an dem ich gegangen bin

Ich war 14, als ich weggelaufen bin.
Zu Hause war Gewalt an der Tagesordnung – nicht nur körperlich, sondern auch emotional. Ich war nie gut genug. Ich hab mich nie sicher gefühlt. Ich war immer irgendwie falsch.

Ich habe mich selbst verletzt. Ich wollte einfach nicht mehr leben.

Bis zu dem Moment, an dem ich beschlossen habe: Ich muss hier raus.

Ich habe eine Freundin angerufen. Sie kam zu mir nach Hause. Ich habe schnell einen Rucksack gepackt.

Und als ich gerade gehen wollte, stand mein kleiner Bruder – er war damals 5 – im Eingang.
Er schaute mich mit großen Augen an und sagte:
„Jenny, wo gehst du hin?“

Ich sagte: „Ich gehe weg.“

Und er sagte: „Ich will mitkommen.“

Und ich musste ihm sagen:
„Ich kann dich nicht mitnehmen.“

Ich habe das Gittertor geschlossen. Und bin gegangen.

Und dieser Moment hat sich tief in mein Herz eingebrannt.
Bis heute.


Jahre später. Und alles kommt hoch.

Gestern saß ich mit genau diesem Bruder  in einem Restaurant in Bali.
Wir haben kurz Smalltalk gemacht. Es war angespannt, seltsam.
Ich hatte gehofft, wir könnten neu anfangen.
Doch seine Energie war klar: Er war mit der Intention gekommen, den Kontakt abzubrechen. Ich habe das gespürt – schon in den WhatsApp-Nachrichten vor dem Treffen. Er schrieb, das Treffen sei „für die Kinder“. Ich habe es meiner Tochter gesagt. Und ich bin trotzdem hingegangen.

Und es kam, wie es kommen musste.
Er sagte mir – ganz direkt –, dass er keinen Kontakt mehr mit mir möchte.
Dass ich ihn „Energie koste“. Dass ich „immer nur nehme und nichts gebe“.
Dass ich mich nie für ihn interessiert habe.

Und da saß ich. In einem vollen Restaurant. Und weinte.

Die Gefühle haben mich überrollt.
Ich bin aufs Klo gerannt, habe einer Freundin geschrieben, die leider nicht erreichbar war.
Ich war überfordert, traurig, verletzt, getriggert.

Ich spürte, wie ein altes Programm in mir ansprang:
„Du bist nicht gut genug.“
„Er ist besser.“
„Du bist eine Versagerin.“
„Dein Business ist ein Witz.“
„Du bist zu emotional. Zu schwach.“

Und genau das hat er mir auch gesagt.
Dass meine Arbeit nichts bringt.
Dass ich nicht erfolgreich bin.
Dass ich blockiert bin.


Und trotzdem – ich habe mich nicht verloren.

Und weißt du, was das Krasse ist?
Früher hätte ich das geglaubt. Hätte mich tagelang in Frage gestellt.
Aber gestern… ist etwas anderes passiert.

Ich bin mit dem Roller nach Hause gefahren. 30 Minuten. Es war dunkel, ich habe geweint, die Tränen liefen einfach. Und gleichzeitig war da eine tiefe Klarheit in mir.

Ich weiß, wer ich bin.

Ich bin die Frau, die vor sechs Jahren mit einem Kleinkind und einem Backpack Deutschland verlassen hat.
Ich bin die, die mit zwei Kindern durch die Welt reist.
Ich bin die, die all das alleine aufgebaut hat – mein Leben, mein Business, mein Sein.
Ich bin die, die fällt – und trotzdem weitergeht.

Und ich bin nicht mehr das verletzte Mädchen, das sich nach der Liebe von außen sehnt.
Nicht mal von ihrem Bruder.


Der Shift

Ich habe auf dem Roller bewusst entschieden:
Ich lasse mich nicht mehr klein machen. Nicht von ihm. Nicht von meinen Gefühlen. Nicht von dieser Geschichte.

Weil ich spüren konnte, dass es auch energetisch Sinn machte.
Er kam mit dieser klaren Intention – und die Energie hat sich genauso fortgesetzt.
Und ich habe wieder einmal gespürt, wie stark unsere Intentionen unsere Realität formen.


Und zum Abschluss…

Wir haben uns am Ende eine lange Nachricht geschrieben.
Beide Seiten haben klar gesagt: Wir wollen keinen weiteren Kontakt.
Aber: Wir haben uns das Beste gewünscht.
Und er hat mir geschrieben, dass ich stolz auf mich sein kann für das Leben, das ich mir erschaffen habe.
Und weißt du was?

Das war schön.

Aber: Ich brauche diese Bestätigung nicht mehr.

Die kleine Jenny in mir – die gesehen werden wollte – hat diesen Wunsch losgelassen.
Und ich bin wieder ein Stück mehr die Frau geworden, die ich sein will.


Von Herz zu Herz

Ich erzähle dir das nicht, um meinen Bruder schlecht zu machen.
Sondern weil ich weiß, dass solche Situationen auch in deinem Leben auftauchen können.
Und dass du in diesen Momenten nur zwei Möglichkeiten hast:

  1. Du lässt dich zurückwerfen in die alte Geschichte.

  2. Oder du bleibst bei deiner neuen Identität – auch wenn es gerade wehtut.

Du darfst dich entscheiden, wer du jetzt sein willst.
Nicht, was andere sagen. Sondern du.

Und wenn du dabei Unterstützung brauchst –
ich bin da.
Weil du nicht alles alleine tragen musst.

Mit Liebe,
Jenny

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